Halbzeit, bittersüß

Meine Lehrveranstaltung zum Thema Planung, Organisation und Durchführung von Erwachsenenbildungsveranstaltungen mit Masterstudierenden des Erwachsenenbildungsstudiums hat bereits ihre Halbzeit erreicht. Von insgesamt sechs Blöcken waren vergangene Woche drei Blöcke bereits durchgeführt.

Halbzeit bedeutet neben erhöhtem Puls in Hinblick auf die Erreichung der Lernziele und der vielen vielen Inhalte, die ich noch „bringen“ möchte auch, dass der Zeitpunkt für eine Zwischenevaluation der Lehrveranstaltung gekommen ist.

Die Studierenden hatten somit 10 Minuten Zeit die Fragen der Zwischenbilanz schriftlich zu reflektieren. Diese Vorgehensweise ermöglichte den Studierenden anonym Auskunft über ihre bisherigen Lernergebnisse, ihre Lernmotivation, und über meine bzw. ihre eigenen Möglichkeiten ihre Lernprozesse zu optimieren. Diese Zwischenbilanz dient also nicht nur dazu, dass ich als Lehrveranstaltungsleiterin Feedback erhalte, sondern, dass die Studierenden über die bisherige Arbeit reflektieren. Dies fördert im Optimalfall die metakognitiven Fähigkeiten der Studierenden, welche für die Beobachtung und Reflexion des eigenen Lernens unabdingbar sind.

Vor dem Ausfüllen meinte ein Student: „Mir wäre es egal, was die Teilnehmenden in meinen Kursen von mir halten!“. Ich musste lachen, weil diese Aussage ein fortwährendes Dilemma anspricht. Natürlich müssen mich die Studierenden nicht alle sympathisch finden. Meine ehrliche Antwort: „Es geht bei diesem Kurs ja eigentlich nicht um mich, sondern um Eure Lernprozesse“. Diese Antwort sollte darauf aufmerksam machen, dass ich nur ein struktureller und inhaltlicher Bestandteil ihres Lernens bin. Ich fügte scherzhaft hinzu: „Aber natürlich werde ich vermutlich ein klein wenig weinen, wenn jemand sehr negative Rückmeldung gibt“.

Nach der besagten Einheit habe ich mich mit den ausgefüllten Bögen an einen gemütlichen Ort zurückgezogen, um die Antworten in Ruhe durchzulesen. Ich muss zugeben, ich freue mich immer wahnsinnig auf solche Momente – wie beim Auspacken eines Geschenks.

Die Ergebnisse waren konstruktiv, erbaulich und motivierend. Vorrangig. Nicht alle.

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Nicht persönlich nehmen! Dieser Satz gilt für mich als Lehrende und für die Teilnehmenden meiner didaktischen Weiterbildungen, denen ich vermittle, dass es gar nicht persönlich sein kann, weil die Studierenden uns persönlich ja gar nicht kennen. Das stimmt wohl nur, wenn es tatsächlich der Fall ist, dass die Studierenden uns persönlich nicht kennen. Je mehr ich von mir zeige, je mehr ich mit den Studierenden teile, desto mehr Beziehung entsteht. Und mehr Beziehung meint eben auch mehr emotionale Angriffsfäche.

„Sometimes it does feel personal and I think it’s healthy just to own that“ (Bonni Stachowiak)

Nachdem die Rückmeldungen anonym gegeben wurden, muss ich das aushalten. Ärgern tue ich mich über die missglückte studentische Selbstreflexion, die vielleicht gar nicht missglückt ist, sondern mir bloß nicht gefällt. Reagieren ist schwer möglich. Sich über die Vielzahl an erbaulichem Feedback erfreuen ist aber auch eine Reaktion, bittersüß.

 

 

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